Tannin

Was ist das eigentlich und was bewirkt es im Wein?

Unter Weinkennern ist oft die Rede von „Tannin“, doch was genau ist das eigentlich, warum entsteht es und wie gelangt es in den Wein? Wir beantworten diese Fragen und zeigen euch auch, warum Tannine so wichtig für den Wein sind und welche „Magie“ sie entfalten können.

Was sind Tannine?

Tannine, auch Gerbstoffe oder Gerbsäure genannt, sind natürliche Inhaltsstoffe von Pflanzen und zählen zu den so genannten Antioxidantien. Sie bieten den Früchten dank ihrer antiseptischen Wirkung Schutz vor Fäulnis und vor Fressfeinden und kommen in verschiedenen Lebensmitteln vor, z.B. in Tee, Nüssen, Kakao – und eben auch im Wein. Insbesondere für Rotwein sind sie von besonders großer Bedeutung, da sie für die Struktur und Haltbarkeit des Weins sorgen und seine Fähigkeit fördern zu reifen. Tannin als solches kann man zwar nicht direkt schmecken oder riechen, einen hohen Tanningehalt bemerkt man aber definitiv auf der Zunge. Er hinterlässt einen herben, rauen Geschmack und interagiert mit den Mundschleimhäuten, sodass ein „pelziges“ Gefühl entsteht. Was im ersten Moment komisch klingen mag, erklärt sich später im „Gesamtkunstwerk“ Wein – und auch im Laufe dieses Artikels 😊 Das Tannin im Wein stammt hauptsächlich von den Traubenstielen (auch „Kämme“ oder „Rappen“ genannt), den Kernen sowie der Traubenschale. Der Gehalt hängt aber von mehreren Faktoren ab. Grundsätzlich enthalten weiße Trauben deutlich weniger Tannin als rote Weintrauben. Doch auch bei den Roten gibt es Unterschiede, da der Gehalt je nach Sorte deutlich variieren kann. Als besonders tanninhaltig gelten z.B. Cabernet Sauvignon, Syrah, Mourvèdre, Carignan, aber auch Sangiovese oder Nebbiolo. Weniger tanninreich hingegen sind u.a. die roten Rebsorten Pinot Noir, Merlot und Gamay. Die Qualität der Tannine wird auch vom Lesezeitpunkt der Trauben und damit der Tanninreife bestimmt. Je unreifer die Tannine bei der Ernte sind, umso „härter“ erscheinen sie später – eine gute Reife ist also auch Voraussetzung für einen großen Wein. In der Önologie (Weinbaukunde) kennt man heute mehr als 30 verschiedene Tannine, die die Weinqualität positiv oder negativ beeinflussen können. Abschließend, und nicht weniger maßgeblich, wird der Tanningehalt durch die Arbeit im Keller bei der Weinbereitung bestimmt.

Wie kommt Tannin in den Wein?

Da Tannin wasserlöslich ist, geht es beim Pressen der Traubenschalen und während der Weinbereitung in den Most und damit in den späteren Wein über. Alkohol unterstützt diesen Vorgang. Je länger der Traubensaft auf der Maische verbleibt und je kräftiger die Trauben gepresst werden, desto höher wird auch der Gerbstoffgehalt. In der Regel verbleiben Rosé– und Weißweine, die weniger tanninreich sein sollen, nur kurz auf der Maische. In Sachen Weißwein gibt es jedoch eine populäre Ausnahme, bei welcher der Wein ganz bewusst und absichtlich länger in Kontakt mit Schalen und Kernen bleibt: Orange Wine. Wird die Maische erhitzt, lösen sich die Tannine und gehen in den Wein über – Gleiches gilt für die Maischegärung, da diese beim Rotwein auf den Schalen erfolgt. Um unerwünschte, harte Tannine zu vermeiden, sollte die Maische allgemein keine Stiele enthalten und die Pressung sanft erfolgen. Der Kellermeister hat also Einflussmöglichkeiten auf den späteren Tanningehalt im Wein und kann diesen durch sorgfältig angewandte Kellereitechniken im Nachhinein noch etwas verändern und den Wein somit harmonisch abrunden. Ein weiterer Aspekt für den Gerbstoffgehalt ist die Reifung des Weins in Eichenfässern, den Barriques. Handelt es sich dabei um neue Fässer, lösen sich auch aus dem Eichenholz Tannine und gehen in den Wein über. Sie wirken runder, reifer und samtiger als die der Trauben, gleichzeitig gewinnt der Geschmack an Struktur und Komplexität. Zusätzlich führt die eindringende Luft auch zu einer gewissen Reifung (Oxidation), was insbesondere tanninreiche Rotweine geschmeidiger macht und reifer wirken lässt.

Wie verändern Gerbstoffe den Geschmack und die Haltbarkeit von Wein?

Gerbstoffe prägen den Wein mit am stärksten. Charakteristisch für Tannin ist der raue, leicht bittere Geschmack und das Gefühl, dass sich die Schleimhäute im Mund zusammenziehen. Die „adstringierende“ Wirkung nimmt im Laufe der Zeit ab, da die Molekülgröße der Tannine zunimmt – dies geschieht durch Verkettung der Moleküle und Oxidation. Der Wein wird damit runder im Geschmack, weicher und fast schon süß in seiner Wirkung. Übrigens: Das sogenannte Depot (also der Bodensatz, den ihr gelegentlich in der Weinflasche finden könnt) ist nichts anderes als Tannin, dessen Molekül so groß geworden ist, dass es schwerer als der Wein geworden ist. Da sich Gerbstoffe im Laufe der Flaschen- oder Fassreifung abbauen und verändern, werden ehemals junge und „harte“ Weine weich im Geschmack und können mehr Körper entwickeln. Gerade für großen Bordeaux-Wein ist dies elementar. Reife Tannine wirken seidig, leicht süß und tragen die Fruchtigkeit in den Abgang. Entscheidend für den gesamten Geschmackseindruck ist das Zusammenspiel von Süße, Säure und Bitterkeit, da sich diese auf der Zunge addieren. Der Gehalt an Tanninen im Wein bestimmt auch die Notwendigkeit zur Lagerung. Ist dieser niedrig, kann der Wein auch früher genossen werden. Bei Weinen mit hohem Gerbstoffgehalt verhindern die Tannine eine vorzeitige Oxidation und ein Verflüchtigen der Aromen – der Wein wird also alterungsfähiger. Die positiven Wirkungen bedeuten allerdings nicht, dass man aus einem unharmonischen, harten Jungwein allein durch lange Reifung einen besseren machen kann. Die weiteren Inhaltsstoffe im Wein verändern sich schließlich ebenfalls während der Reifezeit. Für ausgewogene, leckere Weine bedarf es also bereits zu Beginn höchster Qualitätsansprüche und das Geschick und Wissen der Menschen hinter dem Wein